Die in Deutschland geführten Debatten um Einwanderung sind
manchmal bizarr. Es dominieren Bedenken, Vorbehalte und manchmal gar diffuse
Ängste. Insbesondere die deutsche Politik zögert, sich dieses wichtigen Zukunftsthemas
anzunehmen. Statt dem sich mit aller Macht ankündigendem Fachkräftemangel mit
mutigen und pragmatischen Entscheidungen zu begegnen, wird selbst die Tatsache, dass
Deutschland längst zu einem Einwanderungsland geworden ist und von diesem
Umstand eindeutig profitiert, selten benannt und vielfach sogar unterschlagen. Geht
es um Einwanderung bestimmt nicht Bekennermut den Diskurs, sondern eine
eigenartige Verdruckstheit.
Diese Verdruckstheit findet ihren Höhepunkt darin, dass statt
des Begriffes Einwanderung der bürokratische Kunstbegriff Zuwanderung ersonnen
wurde. Wer für diese etwas drollige Wortschöpfung verantwortlich zeichnet, ist
nicht mehr eindeutig zu rekonstruieren. Übersetzen kann man den Begriff übrigens
nicht. Er existiert auch nicht in anderen europäischen Sprachen. Das Spanische
kennt imigración, das Französische immigration, das Polnische die imigracja und das Englische eben die immigration. Einwanderung eben.
Da es Einwanderer in einem Land aber nicht geben konnte,
dessen Politik bis weit in die 1990er Jahre auf der (schon damals völlig
kontrafaktischen) Annahme bestand, dass es kein Einwanderungsland sei, musste
ein alternativer Begriff für den politischen Sprachgebrauch gefunden werden.
Zuwanderung. Einwanderung blieb ein Tabu und den Deutschen sollte begrifflich
suggeriert werden, dass die Millionen Menschen, die kamen und hier allen
Klischees zum Trotz meist sehr erfolgreich arbeiteten, bald wieder gehen
würden. So korrespondierte der Begriff „Zuwanderung“ mit dem ähnlich kruden
Begriff „Gastarbeiter“. Während eigentlich niemand mehr von Gastarbeitern
spricht, ist der Begriff Zuwanderung geblieben. Die aus diesem Wort sprechende
Verdruckstheit auch.
Es wird einiger Pioniere bedürfen, diese Verdruckstheit
aufzubrechen. Ein Land, dessen Demographie so beschaffen ist, wie es in
Deutschland der Fall ist, kann sich Abschottung, Engstirnigkeit und ideologische
Tabus nicht mehr leisten. Diese Einsicht wächst. Die Wirtschaft hat den
Handlungsbedarf erkannt. Auch die Politik bewegt sich. Langsam. Schüchtern.
Aber immerhin.
Doch wie fast immer ist die Gesellschaft weiter als der
Staat. Hier sitzen Innovation und
eben auch die Pioniere gesellschaftlichen Fortschrittes. Chris Pyak ist ein
solcher Pionier. Sein Projekt, hundert Arbeitgeber, die englischsprachige
Arbeitskräfte aus dem Ausland rekrutieren, nach ihren Bedürfnissen, Anregungen
und Erfahrungen zu fragen, verdient jede Unterstützung. Sie können dieses Projekt mittels Crowdfunding direkt fördern: https://www.indiegogo.com/projects/embrace-the-immigrant-spirit
Deutschland braucht wirtschaftliche, politische und
kulturelle Offenheit. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Wir sollten uns
darüber freuen und den im Amerika fast sprichwörtlichen immigrant spirit
umarmen. Jeder Beitrag ist willkommen, so wie die Menschen willkommen sind, die
mit uns an der Zukunft dieses Landes arbeiten wollen.